Kanada
20. Mai 2011, 75'081km

Nach vier Tagen Mitreisen im Wohnmobil der Eltern von Denise können wir heute unser eigenes Vehikel abholen. Kleine Camper in VW-Bus-Grösse sucht man in Nordamerika vergebens. Das günstigste, was wir hier bekommten ist ein 22-Fuss-Wohnmobil für vier Leute mit Badezimmer, Wohnzimmer und komplett ausgestatteter Küche. So einen Luxus sind wir uns nicht gewohnt und fühlen uns dementsprechend wohl in unserem neuen Zuhause. Mit zwei Wohnmobilen plus Bruder Ron und Freundin Amaya gehen wir in Tsawwassen auf die Fähre nach Swartz Bay. Leider zeigt sich Kanada heute wettertechnisch von der schlechten Seite: bedeckt, windig und nass. Wir haben uns zumindest für die Zeit auf dem Schiff schon ein bisschen Sonne gewünscht. Nun, das Wetter können wir nicht ändern und so wärmen wir die kalten Finger am Kaffeebecher.
Auf Vancouver Island angekommen fahren wir in Richtung Süden nach Victoria, die Hauptstadt von British Columbia, und schlendern durch diese sympathische, kleine Stadt. Bei einem Picknick am Hafen können wir den Wasserflugzeugen beim Starten und Landen zuschauen. Diese bieten die schnellsten Verbindungen in die etwas abgelegenen Ortschaften und ins Zentrum von Vancouver an. Die Suche nach einem Campingplatz stellt sich als etwas schwierig heraus. Dieses Wochenende dauert wegen dem Victoria Day drei Tage und viele Familien nützen diese Gelegenheit für den ersten Campingausflug der Saison. Wir werden doch noch fündig, in einem kleinen Ort an der Westküste. Zum Abendessen gibt es selbst gemachte Pizza, vorgebacken im Ofen und vollendet auf dem Holzfeuer. Sie schmeckt fast wie die Holzofenpizza vom Italiener.
Entlang der Ostküste fahren wir Richtung Norden. Das Wetter ist nun einiges besser. Die Sonne scheint nun mehrheitlich vom Himmel und die Temperaturen in den nächsten Tagen bleiben frühlingshaft warm. In Comox geht es wieder auf die Fähre. Wir beobachten die ganze Fahrt über das Meer und hoffen einen Orca zu entdecken - leider vergebens. Nur Denise hat Glück und entdeckt eine Rückenflosse von einem Delfin, dieser ist aber Sekunden später schon wieder abgetaucht. Nach zwei weiteren kürzeren Fährfahrten und einer Nacht in Sechelt kommen wir nach Horseshoe Bay und fahren nördlich via Whistler nach Lillooet. In Whistler machen wir Mittagshalt. Für Denise gibt es das typische kanadische Fastfoodgericht aus Quebec: Poutine - Pommes Frites mit einer Bratensauce und Käsestückchen, unheimlich ungesund aber in Kanada muss man dieses Gericht einfach einmal bestellen. Das Skigebiet ist nach wie vor geöffnet und neben den Bikern in Shorts gehen Skifahrern in dicken Jacken durch die Gassen. Bei den aktuellen drei Grad passen für unseren Geschmack die Skijacken besser ins Bild.
In Lilloeet überqueren wir den Fraser River, der längste Strom, der ganz in der Provinz British Columbia liegt. Da der Frühling extrem nass war, führt der Fraser viel Wasser und regelmässig werden grosse Bäume mitgeschwemmt. Hier möchte man auf keinen Fall hineinfallen. Nach einer Nacht am Fluss, aber doch weit genug oben, um in Sicherheit zu sein, geht unsere Reise weiter durch die Gegend um Kamloops. Hier findet man die perfekte Kulisse für Westernfilme. Das Gebiet ist trocken und im Sommer steigt das Thermometer bis auf 40 Grad Celsius.
Weiter Ostwärts am Shuswap Lake besuchen wir Schweizer Bekannte, die Eggler's 1983 in Kanada kennen gelernt haben. Regula und Stefan leben im einzigen Haus, das aussieht, als ob es in der Schweiz stehen würde. Nach zwei schönen Tagen und viel Geplauder über alte Zeiten verabschieden wir uns wieder. Wir fahren an den Lac le Jeune und finden dort ein wunderschönes Plätzchen mit Abendsonne und einmal mehr feuern die Männer den Grill ein. Auf dem Rückweg nach Vancouver machen wir einen Umweg durch den Manning Park. Hier vermochte die Frühlingssonne noch längst nicht allen Schnee vertreiben. Auf der Weiterfahrt Richtung Hope begegnen wir kurz nacheinander vier Bären, die in der saftigen Wiese direkt am Strassenrand grasen. Unsere Anwesenheit scheint sie nicht besonders zu stören, so können wir sie beobachten und Fotos schiessen.
Zurück in Vancouver verabschieden wir die Eltern von Denise und quartieren uns für vier Nächte bei Amaya und Ron ein. Die lokale Eishockey Mannschaft, die Vancouver Canucks, steht gerade im Stanley Cup Final, die ganze Stadt steht Kopf und die Stimmung erinnert uns an die Fussball-EM in der Schweiz. Das Wetter wird von Tag zu Tag besser und so vergehen die letzten Tage unserer Reisezeit wie im Flug. Nun heisst es zum letzten Mal den Rucksack packen. Schon lange haben wir uns darauf gefreut nach Hause zu kommen, Familie und alle unsere Freunde wieder um uns zu haben. Noch trennen uns 11 Stunden Flug von der Schweiz. Erwartungsvoll und etwas gespannt besteigen wir das Flugzeug nach Düsseldorf. Was hat sich Zuhause verändert? Wo werden wir wohnen und arbeiten? Wie wird es wohl sein, nach 14 Monaten Reisen alle vertrauten Gesichter wieder zu sehen?